Torii beim Bundeslehrgang in Gütersloh (Westfalen)

28.02. - 01.03.2015

 Text von René und Sandra

Samstag

Eine kleine Delegation von Toriis entschied sich, zum Wochenende des Frühlingsbeginns eine weit entfernte Reise anzutreten. Der Plan, minutiös vor Wochen geschmiedet, sah vor, um 8:15 Uhr an der Sporthalle des Julius Ambrosius Hülße Gymnasiums zu sein, um Punkt 8:30 Uhr die Reise anzutreten. Um 8:02 Uhr informierte mich mein Handy, dass ich eine Nachricht habe. Unser Mitstreiter Max saß an einer Haltestelle mitten in Dresden fest, da die geplante Straßenbahn nicht so fuhr wie gedacht. Skandal! In einem etwas zügigerem Tempo als zuvor angedacht wurde der letzte Bissen Frühstück getilgt und das Auto beladen. Im, zum Glück noch geringem samstagmorgentlichen Verkehr, bahnten wir uns den Weg durch die Stadt, um Max aus seiner misslichen Lage zu befreien. Punkt 8:32 Uhr trafen wir an der Sporthalle ein. Wir wurden, zu Recht, schon ungeduldig erwartet. Nach einem kurzen ‚Hallo‘ wurde ruckzuck der gemietete Bus mit unseren restlichen Sachen beladen und die Reise konnte doch noch beginnen.

Unsere kleine Kompanie bestehend aus Conrad, Jana, Franzi, Max, Sandra, Anne und René wollte die Gelegenheit in Gütersloh nutzen, um neben Nagai Shihan auch eine spezielle Trainingseinheit unter Shinji Tanaka erleben zu dürfen. Des Weiteren standen für Max, Anne und Sandra die Prüfungen zum nächst höheren Kyu Grad an.

        

Der Weg nach Gütersloh war lang, aber durch die gefühlte Reisegeschwindigkeit von konsequenten 200 km/h rückte das Ziel in greifbare Nähe. Während der Fahrt wurde viel gelacht, philosophiert und über das anstehende Wochenende diskutiert. Der ein oder andere nutzte die Fahrt auch, um die körpereigene Batterie wieder etwas aufzuladen. Die Beständigkeit unseres Reisetempos resultierte in folgender erfreulicher Ankunftszeit: 12:45 Uhr.

Der Trainingsbeginn, wie im SKID üblich, war auf 15:00 Uhr angesetzt. Dies gab uns die Gelegenheit, um die Innenstadt von Gütersloh etwas näher kennenzulernen. Nach einem kleinen erholsamen Spaziergang beschlossen wir, uns noch etwas zu stärken, um im Training standzuhalten. Nicht unweit unseres Parkplatzes erspähten wir ein "Etablissement Extraordinär" , welches unser Interesse weckte – der heimische Dönerladen. Nach dem vorzüglichem Mahl, bei welchem wir zum ersten - aber im Verlaufe des Wochenendes nicht zum letzten Mal - als Ortsfremde enttarnt wurden, brachen wir nun endgültig zum eigentlichen Zielort auf. Nach gefühlten zwanzig Links- und Rechtskurven in kleinen verwinkelten Seitenstraßen standen wir letztlich vor der Halle in der beide Trainingseinheiten abgehalten werden sollten. Die ersten bekannten Gesichter bestätigten uns, dass wir hier richtig waren. Nachdem alle organisatorischen Sachen geregelt waren, vertrieben wir uns die Zeit mit reichlichen Gesprächen befreundeter Dojos, welche man ja meist nur zu solchen Veranstaltungen sieht.

  

Kurz vor Trainingsbeginn bemerkten wir dann, dass wir keine wirkliche Möglichkeit hatten, uns zu orientieren, wie lange wir schon trainiert haben, geschweige denn wie lange das Training noch andauern wird. Die Uhr in der Halle wollte ihren Dienst einfach nicht verrichten. Sei es drum.   Das Training begann mit einer kurzen, knackigen Erwärmung. Diese war nach den langen Sitzphasen im Bus auch dringend notwendig. Nach der Erwärmung übernahm Tanaka Sensei die Trainingsleitung. Der Fokus des Trainings lag auf der dynamischen Ausführung der Techniken. Besonders betont wurde hierbei der Atmungstonus, welcher die korrekte Ausführung erst wirklich ermöglicht. Hier habe ich persönlich auch gemerkt, wie viel Potential noch in der eigenen Ausführung liegt, wenn man vermeintlich kleine Nuancen präziser und systematischer umsetzt. Aufbauend auf dieser Dynamik wurden weiterhin häufige Block-/Angriffskombinationen trainiert. Das diffizile Arbeiten der Hüfte stand hier als Trainingseffekt im Fokus. Einige Partnerübungen in Dreiergruppen rundeten die Trainingseinheit auch schon ab.

Nach der obligatorischen Pause wurden drei Trainingsgruppen gebildet, wobei sich Eugen Sensei der Unterstufe annahm und Toni Sensei die Gruppe bis zum vierten Kyu beaufsichtigte. Die große Gruppe der Braun- und Schwarzgurte absolvierte eine detailreiche Kataeinheit unter Tanaka Sensei. Wir übten uns in Kanku Dai und - nicht nur für mich als Premiere - in Unsu. Nach zahlreichen neuen Impressionen endete dann auch der erste Trainingstag und es hieß, die Halle zur Übernachtung aufzusuchen. Noch im Gi, im Schweiße unseres Angesichts, kämpften wir uns durch das unbekannte Land und wurden wenig später fündig. Die Schlafstätten wurden nach einigen Kompromissen doch noch hergerichtet und die dringend notwendige Körperpflege betrieben.

Schon bei der Hinfahrt endeckten wir eine hiesige Burgerkette, welche es zuhause bei uns in Dresden nicht gibt. Wir beschlossen, uns abends dort zu verköstigen. Die Entscheidung erwies sich als hervorragend. An unserer Begeisterung wurde auch hier erkannt, dass wir nicht von ‚hier‘ sind, da es allgemein bekannt ist, dass dies die beste Kette der Stadt sei – und wir das natürlich nicht wussten. Zumindest ist das die plausibelste Erklärung, denn wir Sachsen fallen ja sonst sprachlich nicht weiter auf, nu?

   

Wir kehrten gegen 22:00 Uhr wieder in der Halle ein und fanden uns als Grüppchen mit dem Dojo Kashiwa und dem Dojo Kuroda Yoshitaka zusammen. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns über alle Geschehnisse, Aktualitäten und Vergangenheiten auszutauschen. Es wurde viel gelacht und es war einfach ein schöner Abend mit tollen Leuten. Spät in der Nacht, oder besser gesagt sehr sehr früh am Morgen fand sich dann jeder allmählich in seinem Schlafgemach ein. So richtig schlafen konnten viele jedoch nicht, da der Gedanke an die bevorstehende Prüfung natürlich allgegenwärtig war.

 

Sonntag

Nach einer somit sehr kurzen, unruhigen Nacht kamen wir morgens eher schleppend in die Gänge. Das Training vom Vortag steckte natürlich auch noch in den Knochen. Durch die wirklich gute Organisation des ausrichtenden Dojo Hojo, stand ab 8:00 Uhr ein Frühstück in der Trainingshalle zur Verfügung. Nach dem die Zelte in der Übernachtungshalle abgebrochen waren, machten wir uns wieder in die Trainingsstätte auf, um die größte Herausforderung für unsere drei Prüfungskandidaten anzugehen. Die Atmosphäre war spürbar angespannt und jeder hatte seine eigene Methodik, um sich auf die bevorstehende Prüfung einzustimmen. Nach dem alle Glücksbringer gedrückt und die Götter angebetet wurden, ging die erste Trainingseinheit auch schon los.

Aufbauend auf dem Training vom Vortag wurden die Techniken in noch komplexeren Abläufen dargeboten - immer unter dem kritischen Auge von Bundestrainer Akio Nagai Shihan. Die verschiedenen Formen des Sanbon Kumite rundeten den ersten Teil des Trainings ab. Wie bei einem Bundeslehrgang üblich, fanden die Kyu-Prüfungen abgeschottet während des Trainings statt. In den eingeräumten 15 Minuten Pause wurde daher ein Teil der Halle für die Prüfung vorbereitet. Nach den 15 Minuten hieß es dann für alle wieder Aufstellung, wobei ein nicht unerheblicher Teil sich nun final der Prüfung stellte. Aus unseren Reihen standen folgende Prüfungen an:

Max zum 7. Kyu (oranger Gürtel)

Anne zum 3. Kyu (brauner Gürtel)

Sandra zum 2. Kyu (brauner Gürtel)

Die Erfahrungen der Weitertrainierenden:

Während sich der Hallenvorhang senkte und die Prüfungen begannen, durften wir ein weiteres Mal die Expertise von Tanaka Sensei genießen. In der verbleibenden Zeit wurden die Kata Heian Nidan, Sandan, Yondan und Godan detailliert trainiert. Tanaka Sensei nutze dabei die Gelegenheit, einzelne Elemente in kleinen Bunkai Übungen zu festigen. Als besonderes Highlight wurde eine Kata aus der Stilrichtung Shito-Ryu dargeboten (man verzeihe mir, dass mir der Name nicht mehr geläufig ist). Nach zahlreichen Durchgängen bekamen wir ein gutes Gespür, was die Feinheiten dieser Stilrichtung im Gegensatz zum Shotokan sind. Eine letzte, sehr ausgeklügelte Partnerübung schloss das Training dann endgültig ab. Der Vorhang hob sich und die Gruppe war wieder komplett.

Die Erfahrungen der Prüflinge:

Währenddessen sich die anderen mit Kata vergnügten, floss bei uns der Angstschweiß und eine leichte Panik wurde bemerkbar. Man hatte das Gefühl die Zeit verging ewig nicht, was auch an der hohen Quote bei der Gelbgurtprüfung lag. Nach etlichen Minuten des Zitterns und Bangens musste dann als erster Max ran. In einer recht großen Gruppe wurde Kihon, Kata und Kumite abgehakt. Max zeigte, was er im Training gelernt hatte und zeigte saubere Techniken.

Als Nächste war Anne an der Reihe. Für Anne stand der Farbwechsel zu Braun an. Gemeinsam mit ein paar Gleichgraduierten absolvierte sie den Kihonteil, zeigte beim Kumite ihre Schlagfertigkeit und überzeugte bei ihrer Katadarbietung. In dem Falle Bassai Dai und ungewöhnlicher Weise auch Tekki Shodan.

Als Letzte von Torii war Sandra an der Reihe. Zusammen mit 3 weiteren Prüflingen kämpfte sie sich durch den schweißtreibenden Kihonpart unter dem strengen Auge von Toni Sensei. Als nächstes ging es weiter mit dem Kumite und schließlich die Kata unter der Aufsicht von Nagai Shihan. Auch hier hieß es wieder 2 x Kata (Bassai Dai und Jion).

Nach einer gefühlten Ewigkeit erhoben sich dann alle schweißgebadeten Gemüter der Prüflinge, um ihrem Urteil gegenüberzutreten. Vielen war die Anstrengung der Prüfung, aber auch die Erleichterung anzusehen, diese nun erfolgreich absolviert zu haben. Die erfreulichste Nachricht hierbei war nun, dass unsere 3 Prüflinge ihr bestes Niveau abrufen konnten. Durch Fleiß und Beständigkeit wurden ihre Prüfungsleistungen durchweg mit ‚A‘ (sehr gut) bestätigt. Glückwunsch dazu :)

   

   

   

    

Nachdem wir uns in der Halle noch schnell gereinigt hatten, starteten wir gegen 13:00 Uhr den Rückweg in die sächsische Heimat. Conrad saß, wie bereits auf der Hinfahrt, wieder elanvoll auf dem Gaspedal. Nach einigen eindringlichen Bemerkung zum Gemütszustand unseres Magens hielten wir schließlich irgendwo im Nirgendwo zum Essen. In Anbetracht der sehr guten Prüfungsleistungen ließen wir es uns nicht nehmen, dass traditionelle Festessen im „Restaurant zur goldenen Möwe“ einzunehmen. Danach ging es mit gefüllten Mägen und Vollgas weiter in Richtung Dresden. Gegen 18:00 Uhr hatten wir dann unsere Heimat wieder unter den Füßen und somit endete ein sehr ereignisreiches und erfolgreiches Wochenende.

Vielen Dank an alle Leute, die dieses Wochenende wieder zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Es wurde sehr viel gelacht, aber auch vieles Neues gelernt. Ein großes Lob geht dabei nach Gütersloh an das Dojo Hojo für eine wunderbare und reibungslose Organisation. In diesem Sinne Oss !!!

                 

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